Projektinhalt

Ein Projekt im Forschungsverbund Digitalisierung, Mitbestimmung, Gute Arbeit der Hans-Böckler-Stiftung

Die Digitalisierung der Arbeit führt zu weitreichenden Veränderungen der Wirtschafts- und Arbeitswelt. Dies birgt erhebliches Konfliktpotenzial. Befürchtet wird, dass der prognostizierte und in Ansätzen bereits beobachtbare Digitalisierungssprung zu Arbeitsplatzverlusten führt und mit einer stärkeren Formalisierung, Fremdbestimmung und Überwachung von Arbeitsprozessen, mit einer Verdichtung der Arbeit sowie mit zunehmenden Entgrenzungsprozessen einhergeht. Hierbei spielen neue Techniken der Automatisierung, der permanenten Erreichbarkeit und der Kontrolle von Leistung und Verhalten der Beschäftigten ebenso eine Rolle wie die Erosion gewachsener betrieblicher Strukturen mit negativen Konsequenzen für die Vertretung von Beschäftigteninteressen durch Betriebsräte. Andererseits könnte die digitale Transformation der Arbeit neue Möglichkeiten schaffen, die Beschäftigten von körperlich schwerer und monotoner Arbeit zu entlasten, ihnen neue zeitliche und räumliche Autonomiespielräume zu eröffnen und ihre Tätigkeiten qualifikatorisch aufzuwerten.

Das in Kooperation mit dem Arbeitsrechtler Prof. Dr. Rüdiger Krause von der Georg-August-Universität Göttingen durchgeführte Projekt fasst Digitalisierung von Arbeit als einen nicht technologisch-linearen, sondern gestaltungsoffenen und zugleich mit Konflikten verbundenen Prozess und fragt danach, wo und in welcher Art Konflikte um Digitalisierung auftreten und welche empirischen und rechtlichen Rahmenbedingungen dazu beitragen, dass diese Konflikte – mit Blick auf Mitbestimmung, Arbeitsbedingungen, Betriebsklima oder Unternehmenskultur – konstruktiv bearbeitet werden oder aber destruktive Wirkungen entfalten. Dazu werden Digitalisierungskonflikte empirisch im Rahmen von Fallstudien analysiert, soziologisch im Sinne von Verlaufs- und Prozessanalysen gedeutet und rechtlich durch Wirkungsanalysen bewertet. Die Untersuchung konzentriert sich insbesondere auf drei Felder, in denen sich Konflikte um die Digitalisierung von Arbeit entzünden: Arbeitszeit, Leistungs- und Verhaltenskontrolle und Arbeitsgestaltung.

Die enge disziplinäre Verschränkung von Arbeitssoziologie und Arbeitsrecht erlaubt es, die Perspektive der sozialen Dynamik von Digitalisierungskonflikten mit der Frage nach der Wirkung und Gestaltungskraft des Rechts zu verknüpfen. Denn welche Verlaufsformen Digitalisierungskonflikte nehmen und welche Wirkungen sie entfalten, steht keineswegs von vornherein fest, sondern hängt wesentlich von der aktiven Mitgestaltung durch die Akteure im betrieblichen Arbeitsalltag ab. Dabei ist zu erwarten, dass die (betriebli-che) Mitbestimmung einen institutionellen Rahmen für eine produktive Konfliktbearbeitung bietet, indem sie für Transparenz und Mindeststandards der Beteiligung sorgt.

In empirischen Analysen konkreter Digitalisierungskonflikte in verschiedenen Wirtschaftsfeldern (Industrie, Finanzdienstleistungen, Gesundheitssektor, öffentliche Verwaltung) nimmt das Forschungsprojekt betriebliche Aushandlungsprozesse und deren Folgen in den Blick und fragt nach der Leistungsfähigkeit der bestehenden tariflichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen. Hierzu werden neben Expertengesprächen auf verbandlicher, gewerkschaftlicher, unternehmerischer und politischer Ebene problemzentrierte Interviews mit betrieblichen Akteuren (Betriebs-/Personalräte, Personalmanagement) und Gruppendiskussionen mit Beschäftigten geführt.