Themenblock eins // Arbeitsmarktsegmentation und ihr institutioneller Kontext

Institutionelle Dualisierung und Geschlecht

Dr. Irene Dingeldey (Universität Bremen, Arbeitnehmerkammer Bremen):

In der politik-ökonomischen Literatur werden die Reformen in der deutschen Arbeitsmarkt und Tarifpolitik als „Institutionelle Dualisierung“ skizziert. Damit wird impliziert, dass das so genannte Normalarbeitsverhältnis und die damit einhergehende umfassende soziale Sicherung unverändert fortbesteht, während alle davon abweichenden Arbeitsverhältnisse in hohem Maße mit Niedriglohnbeschäftigung einhergehen und allein durch Grundsicherungsleistungen abgesichert werden. Die präsentierte Analyse stellt diese These in Frage, indem auf die Segmentation des Arbeitsmarktes wie auch der Tarifpolitik verwiesen wird. Entlang branchenspezifischer Differenzen werden dann sowohl die geschlechtsspezifische Verteilung der verschiedenen Arbeitsformen wie auch des Niedriglohns analysiert. Schließlich wird das Ineinandergreifen der verschiedenen institutionellen Arrangements auch in Verbindung mit den verschiedenen Instrumenten der Familienpolitik untersucht. Im Ergebnis sind dabei kumulierende Anreize für das Leitbild des modernisierten Ernährermodells (männliche Vollzeit und weibliche Teilzeit) als familiales Erwerbsmuster  zu erkennen. Vor diesem Hintergrund erfolgt soziale Sicherung prekärer Arbeit vielfach über den Haushaltskontext, indem sinkende Ernährerlöhne der Männer durch das Erwerbseinkommen der Frauen kompensiert werden und gleichzeitig flexible Beschäftigungsverhältnisse und Niedriglohn von Frauen durch das männliche Normalarbeitsverhältnis weiterhin abgesichert werden. Entsprechend verläuft die soziale Spaltung nicht entlang der Verteilung von Normalarbeitsverhältnis und flexiblen Arbeitsverhältnissen, sondern wird über deren Verortung in den jeweiligen Branchen und der „Verteilung“ im Haushalt bzw. in der Familie „gebrochen“. Effektive Verlierer sind daher vor allem Haushalte ohne Normalarbeitsverhältnis (in den Kernsektoren der Industrie bzw. einigen wenigen hochbezahlten Dienstleistungsbranchen) bzw. jenseits der Zweiverdienerfamilie.

  

Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik

Prof. Dr. Olaf Struck (Otto-Friedrich-Universität Bamberg):

Gegenstand des Vortrags sind Strukturen auf Arbeitsmärkten und daraus abgeleitete Anforderungen an die Arbeitsmarktpolitik. Im ersten Schritt werden knapp die zentralen Zusammenhänge skizziert, die für das Verständnis heutiger Arbeitsmärkte und daraus abzuleitender Arbeitsmarktpolitik wichtig sind. Im zweiten Schritt werden die Entwicklung auf Arbeitsmärkten und dabei u.a. auch Funktionsbedingungen segmentierter Arbeitsmärkte, die Christoph Köhler und ich als betriebliche Beschäftigungssysteme analysieren, vorgestellt. Deutlich werden individuelle Risiken und volkswirtschaftliche Effizienzprobleme aufgrund schwierig zu erfüllender Funktionsvoraussetzungen in offenen Beschäftigungssystemen, die Erwerbspersonen hohe Flexibilitätspotentiale abverlangen. Hierauf richten sich meine Hinweise zur Arbeitsmarktpolitik, die knapp im dritten Schritt vorgestellt werden.


Die Dynamik des Stillstands – oder: Wie viel Segmentation prägt den Arbeitsmarkt?

PD Dr. Berthold Vogel (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen, Hamburger Institut für Sozialforschung):

Die Arbeitswelt ist in Bewegung geraten. Im Jahrzehnt nach den Hartz-Reformen kann mit Blick auf die Erwerbsarbeit weder von Exklusionsverschärfung, noch von einer universalen „Verflüssigung“ der Arbeitsmarktstrukturen die Rede sein. Auf der empirischen Grundlage einer qualitativen Panelstudie zu prekären Erwerbsbiographien, in der zwischen 2007 und 2011 152 Erwerbspersonen im Rahmen von vier Erhebungswellen befragt werden konnten, zeigt sich vielmehr die Entwicklung einer arbeitsmarktpolitisch forcierten „Zwischenzone“, in der die klaren Grenzziehungen zwischen einem „Innen“ und einem „Außen“ der Arbeitswelt verschwimmen. Der Vortrag gliedert sich in zwei Teile: Nach einer Hinführung zum Thema geht es erstens um die Frage, mit welcher Lebens und Arbeitswirklichkeit eine wachsende Klasse von Arbeitsmarktteilnehmern seit einigen Jahren mehr und mehr konfrontiert werden. Die Formel lautet: Dauermobilisierung ohne Ziel. Zweitens wird die Frage diskutiert, inwieweit wir in der soziologischen Analyse des Arbeitsmarktgeschehens tatsächlich noch mit dem Segmentationsbegriff arbeiten können. Wie viel trägt der Begriffsapparat der Segmentationstheorie zur Diagnose des aktuellen Arbeitsmarktgeschehens bei?



Erwerbsverläufe und das SGB II

Dana Müller/Anja Wurdack (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Nürnberg):

Die bisherigen Forschungsarbeiten zum SGB II konzentrierten sich auf die Dauer und den Umfang des Leistungsbezugs von erwerbsfähigen Leistungsbeziehern sowie auf die Einflussfaktoren des Zu und Abgangs aus dem Leistungsbezug. Dabei bilden die erwerbstätigen Leistungsbezieher, allgemein bekannt als „Aufstocker“, eine besondere Gruppe. Sie erreichen mit Ihrem Erwerbseinkommen nicht das sozio-kulturelle Existenzminimum, um den Bedarf des Haushalts zu decken und beziehen deswegen aufstockende Leistungen. Ein Grund dafür liegt häufig in ihren Beschäftigungsverhältnissen, die meist durch Kurzfristigkeit sowie geringfügige bzw. Teilzeitbeschäftigung gekennzeichnet sind. Bisher kaum untersucht ist, welche Rolle Betriebswechsel im Kontext des SGB II einnehmen, insbesondere die Frage, ob ein Betriebswechsel den Abgang aus dem SGB II bedingt.
Unsere Forschungsarbeit, die im Rahmen des Forschungsverbundvorhabens „Dritter Bericht zur Sozioökonomische Entwicklung in Deutschland (soeb 3)“ im Arbeitspaket 12 „Teilhabe und Grundsicherung – SGB II als Leistungssystem und Lebenslage“ durchgeführt wird, versucht, diese Lücke zu schließen. Die theoretische Grundlage für die Beobachtung des Betriebswechsels bildet das Konzept der horizontalen und vertikalen Segmentation des Arbeitsmarktes. Aufstocker sind zwar eher im sekundären Arbeitsmarkt zu vermuten als im primären, allerdings sind die meisten Aufstocker nicht in Vollzeit erwerbstätig, so dass ihr Stundenlohn nicht unbedingt niedrig sein muss, sondern nur ihr Monatseinkommen. Aufstocker sind sowohl in internen als auch in externen Arbeitsmärkten anzutreffen. Empirisch gilt es zu prüfen, welche Dynamiken mit einem Betriebswechsel bzw. keinem Betriebswechsel verbunden sind.
Die Basis für unsere Analysen bildet das “Administrative Panel SGB II“ des IAB, eine 10%-Stichprobe aller Bedarfsgemeinschaften und ihrer Haushaltsmitglieder. Um die Erwerbsverläufe von Aufstockern sowie Betriebsinformationen in den Analysen berücksichtigen zu können, wurden Daten aus der Beschäftigtenhistorik des IAB hinzugespielt. Die Informationen zu den Bedarfsgemeinschaften in Deutschland werden für die gesetzliche Aufgabenerfüllung der Bundesagentur für Arbeit und des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) gesammelt. Dadurch werden alle betroffenen Personen erfasst und valide Informationen ermittelt. Erinnerungslücken oder Antwortverweigerungen, die in Befragungen auftreten, gibt es nicht in den administrativen Daten.
Unser Vortrag wird erste Analysen zu den Erwerbsverläufen von Aufstockern umfassen, die wir mit Hilfe ereignisanalytischer Verfahren durchführen.



Themenblock zwei // (Neue) Segmentationslinien im Ausbildungssystem?

Erosion des deutschen Berufsbildungsmodells? Neue Segmentationslinien im Qualifizierungssystem

Prof. Dr. Martin Baethge/Markus Wieck (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen):

Das deutsche Berufsbildungssystem unterhalb der Hochschulebene, allen voran sein Hauptsektor der dualen Ausbildung, wird seit langem als einer der zentralen Pfeiler des deutschen Produktions und Sozialmodells angesehen. Hierin sind sich die unterschiedlichen Autorinnen und Autoren der political economy of skill formation (vom frühen Streeck [1991], Culpepper/ Finegold [1999] bis zu Soskice [1999] und Thelen [2004M 2012]) einig.
Anders als der mainstream der politischen Ökonomie, bei dem die Regulationsformen der Berufsbildung im Vordergrund stehen, fragen wir danach, wie sich die empirischen Grundlagen des korporatistischen Regulationsmodells Berufsausbildung verändert haben und welche sozialen Folgen daraus für die Berufsausbildung resultieren. Letztere bilden den Fluchtpunkt unserer Argumentation, da wir davon ausgehen, dass die politische Legitimation des Ausbildungsmodells nicht nur aus seinem Beitrag zur ökonomischen Leistungsfähigkeit (Wirtschaftswachstum), sondern ebenso aus seiner Fähigkeit, gleichberechtigte berufliche und soziale Teilhabe für die nachwachsende Generation zu ermöglichen, begründet ist.
Bei den empirischen Grundlagen werden wir uns weniger auf sektoralen ökonomischen Wandel (dies nur indirekt über die Sozialstruktur), als vielmehr auf die Bildungsentwicklung konzentrieren: In einem ersten Schritt gehen wir in einer Kohortenanalyse der Bedeutung der Bildungsexpansion in Deutschland (alte Länder) für das Verhältnis von Hochschulbildung und Berufsausbildung mit Blick auf die Partizipation der sozialen Klassen an der einen oder der anderen Ausbildungsform nach. Im zweiten Schritt zeigen wir, wie sich in der jüngsten Vergangenheit (letzte zwanzig Jahre) zunehmend soziale Segmentationslinien in der Berufsausbildung verfestigt und auf der einen Seite zum Ausschluss ganzer Gruppen geringqualifizierter Schulabsolventen, auf der anderen zur internen sozialen Strukturierung der Ausbildung nach Zugang, Verlauf und Ausbildungserfolg geführt haben.
Hierin sehen wir Erosionstendenzen und einen Legitimationsverlust für das korporatistische Ausbildungsmodell, das als institutionelle Regulationsform bisher nicht in Frage gestellt ist.


Duale und schulische Frauenberufe und ihre Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt

Dr. Anja Hall (Bundesinstitut für Berufsbildung):

Die nichtakademische berufliche Bildung in Deutschland wird in der Einkommens und Ungleichheitsforschung meist nur durch das Qualifikationsniveau oder stellvertretend durch das duale System der Berufsausbildung berücksichtigt. Daneben kann eine Berufsausbildung auch im Schulberufssystem erworben werden, das in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist. Obwohl schulische Ausbildungsberufe in der Literatur mehrheitlich negativ charakterisiert werden, weisen bisherige empirische Ergebnisse für diese Ausbildungsgänge positive Berufsperspektiven aus.
Der Beitrag untersucht, ob sich aus dualen und schulischen Ausbildungsgängen vergleichbare Bildungserträge realisieren lassen. Theoretische Basis der Analysen bilden die Humankapitaltheorie, das institutionelle ‚Doing Gender‘ und der Ansatz segmentierter Arbeits und Ausbildungsmärkte, aus denen unterschiedliche Effekte der Ausbildungsform auf das Einkommen abgeleitet werden. Die Hypothesen werden auf Basis der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 geprüft.
Im Ergebnis zeigt sich, dass sich für Männer – bei gleicher schulischer Vorbildung – der Bruttostundenlohn nicht danach unterscheidet, ob sie einen dualen oder einen schulischen Beruf erlernt haben. Für Frauen sind die Bildungserträge einer schulischen Ausbildung hingegen höher. Ursache hierfür sind die typischen Frauenberufe des dualen Systems, in denen Frauen nur geringe Einkommen erzielen können. Schulische Frauenberufe, wie Krankenpflegerin oder Erzieherin, qualifizieren hingegen für wachsende Beschäftigungsfelder und sind mit höheren Einkommen verbunden. Die Analysen zeigen, dass nicht nur das Qualifikationsniveau bzw. die Ausbildungsinstitution, sondern auch der erlernte Beruf eine bedeutende Rolle in der Einkommens und Ungleichheitsforschung spielen sollte.



Wie strukturieren Segmentationslinien im Bildungssystem Teilhaberisiken und Teilhabechancen für geringqualifizierte Jugendliche?

Dr. Bettina Kohlrausch/Maria Richter/ Dr. Tanja Schmidt  (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen):

Die Differenzierung und Hierarchisierung des allgemeinbildenden Schulsystems bedingt institutionell vorstrukturierte Bildungswege. Für gering qualifizierte Jugendliche bedeutet dies, dass ihre Chancen auf Teilhabe an beruflicher Ausbildung durch die Segmentationslinien im Schulsystem beschränkt sind. Diese Situation hat sich im Zuge der Bildungsexpansion noch weiter verschärft, weil die kleiner werdende Gruppe der Hauptschüler/innen im Bildungssystem zunehmend marginalisiert ist.
Vor diesem Hintergrund erläutert der Vortrag, wie die Segmentierung des Bildungssystems Teilhabechancen für gering qualifizierte Jugendliche strukturiert und konzentriert sich dabei insbesondere auf die Bedeutung betrieblicher Gatekeepingprozesse. Theoretisch werden die Übergangsprozesse im Rückgriff auf die von Solga definierten Benachteiligungsmechanismen der Verdrängung und Diskreditierung analysiert.
Grundlage der Analysen ist ein Datensatz, der zur Evaluation der Projekte „Abschlussquote erhöhen – Berufsfähigkeit steigern“ (AQB1 und AQB2) sowie „Vertiefte Berufsorientierung und Praxisbegleitung an Hauptschulen“ (VBOP) erhoben wurde. Kernansatz dieser Projekte ist es, dass der Unterricht in ausgewählten Klassen stärker praxisorientiert ausgestaltet wird und die Schüler/ innen während der Unterrichtszeit ein bis zwei Praxistage pro Woche oder mehrere Blockpraktika im Betrieb verbringen.
Die Analysen zeigen, dass 45 Prozent dieser Abgänger/innen direkt nach dem Verlassen der Schule der Übergang in eine voll qualifizierende Ausbildung gelingt. Dabei spielen fachliche Leistungen eine geringere Rolle als die Note für das Arbeitsverhalten sowie Unterschiede in der betrieblichen Einbindung der Jugendlichen. Dies zeigt, dass die schlechteren Ausbildungschancen von Hauptschüler/innen nicht damit erklärt werden können, dass sie von besseren Schüler/ innen verdrängt werden, denn auch die geringere Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt verbessert ihre Chancen nicht. Zentrale Gelingensbedingung scheint daher weniger die Verbesserung fachlicher Schulleistung zu sein, sondern eher die Herstellung direkter Kontakte zu den Betrieben. Durch diese direkten Kontakte geraten die Fähigkeiten der individuellen Jugendlichen wieder ins Blickfeld der Betriebe. Vorurteile gegenüber Hauptschüler/innen – sogenannte Diskreditierungsprozesse – können abgebaut werden.
Diese Befunde lassen wichtige Rückschlüsse in Bezug auf die Forschungsfragen des Panels zu. Es wird deutlich, dass die Bedeutung der Segmentationslinien im mehrgliedrigen Schulsystem für Entscheidungsspielräume und Teilhabechancen gering qualifizierter Jugendlicher im System der beruflichen Ausbildung zugenommen hat. Die große Bedeutung von Diskreditierungsprozessen beim Übergang in eine berufliche Ausbildung führt zum absoluten Ausschluss gering qualifizierter Jugendlicher aus so genannten Bewerberschlangen. D.h. eine wachsende Zahl von Betrieben ziehen es, unabhängig und ohne Kenntnisse der individuellen Fähigkeiten der Jugendlichen, gar nicht mehr in Betracht, Jugendlichen mit „nur“ einem Hauptschulabschluss eine Chance zu geben. Diese Jugendlichen scheitern somit weniger an ihren mangelnden Fähigkeiten, sondern mehr an der institutionellen Segmentierung des Bildungssystems.



Erwerbssequenzen junger Arbeitslosengeld-II-Empfänger im Lichte des Bildungsweges und Familienkontextes

Dr. Brigitte Schels (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Nürnberg):

In dem Beitrag werden die Leistungsbezugs und Erwerbsverläufe von jungen Empfängern von Arbeitslosengeld II (ALG II) untersucht. Obwohl es erste Studien zur Dauer von Einkommensarmut und Grundsicherungsbezug unter jungen Menschen gibt, wurde noch nicht untersucht, wie der Leistungsbezug im Übergang ins Erwerbsleben zeitlich strukturiert wird. Im Vordergrund stehen folgende Fragen: Unter welchen individuellen und familiären Voraussetzungen haben junge Leistungsempfänger auch auf Dauer nicht am Erwerbsleben teil und erlangen keine finanzielle Sicherheit? Für welche Gruppen stellt der Leistungsbezug von jungen Erwachsenen dagegen eine kurze Überbrückungsphase im Übergang von der Schule in das Erwerbsleben dar? Welche weiteren typischen Muster sind zu beobachten, in denen eine mangelnde finanzielle Sicherheit im Leistungsbezug mit unterschiedlichen Formen des Erwerbseinstiegs korrespondiert? Es ist zu vermuten, dass der Erwerbseinstieg, der oftmals durch geringe Einstiegsgehälter, befristete oder geringfügige Beschäftigung geprägt wird, auch mit unterschiedlichen Graden der finanziellen Absicherung einhergeht.
In der Untersuchung werden die Erwerbs und Leistungsbezugsverläufe von jungen Empfängern von ALG II im Zusammenhang mit zwei Aspekten betrachtet. Zum einen wird der Bildungsweg der jungen Menschen berücksichtigt, denn in der Literatur wird ein fließender Übergang von der Schule in Ausbildung und ein Ausbildungsabschluss als wesentliche Voraussetzung für eine Integration in sichere Beschäftigung hervorgehoben. Doch haben sich die Ausbildungsverläufe ausdifferenziert und insbesondere das System der Berufsvorbereitung spielt hier eine gewichtige Rolle. Zum anderen wird der familiäre Hintergrund und aktuelle Haushaltskontext betrachtet, da zum einen mit den Ressourcen der Herkunftsfamilie wichtige Unterstützungspotentiale für den Erwerbseinstieg bestehen und andererseits die Zahl der Haushaltsmitglieder und Kinder die Rahmenbedingungen für das Erreichen finanzieller Sicherheit bestimmen.
Die Untersuchung exploriert die Leistungsbezugs und Erwerbverläufe einer Eintrittskohorte von 18 bis 24-Jährigen in den ALG-II-Bezug im Januar 2005 anhand von Sequenzmuster und Clusteranalysen. Mit multivariaten Analyseverfahren wird weiter untersucht, ob sich die aufgefundenen Verlaufstypen auf junge Menschen konzentrieren, die bestimmte vorangegangene Bildungswege durchlaufen haben oder familiäre und Haushaltsmerkmale aufweisen.



Themenblock drei // „Spannung“ am Arbeitsmarkt – von der Aktivierung zur Fachkräftesicherung

 Angebot und Nachfrage – Arbeitsmarktszenarien nach Berufsfeldern, Qualifikation und Erwerbsbeteiligung

Dr. Marc Ingo Wolter/ Dr. Thomas Drosdowski (Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung):

Im Rahmen des QuBe-Projektes (www.qube-projekt.de) entwickelt ein Konsortium aus BIBB, IAB (federführende Institute) sowie FIT und GWS regelmäßig Projektionen der Arbeitsmarktentwicklung nach Qualifikationen und Berufen. Die vor kurzem abgeschlossene 3. Welle des Vorhabens lieferte Ergebnisse (Erwerbspersonen und Erwerbstätigenzahlen sowie Arbeitsvolumina) bis 2030 unter Berücksichtigung sowohl der Angebots und Bedarfsseite als auch der beruflichen und qualifikationsbezogenen Flexibilitäten. Die laufende 4. Welle strebt eine Regionalisierung der Analyse an.
Die Fortschreibungen basieren auf historischen Entwicklungen auf Grundlage verfügbarer Datenbestände und politisch beschlossener Maßnahmen. Es handelt sich um Projektionen, die auf Annahmen fußen und keineswegs um Prognosen einer unausweichlichen Zukunft des Arbeitsmarktes. Sie ermöglichen in erster Linie eine kausale Betrachtung von Interaktionen und Wirkungszusammenhängen. Die als Referenz dienende Basisprojektion kann als Grundlage weiterer Analysen dienen. Sie zeigt eine konsistente und plausible zukünftige Entwicklung. In Alternativszenarien, denen z. B. antizipierte Entwicklungstendenzen zugrunde liegen, können sowohl die Erwerbs als auch Bildungsbeteiligung als auch die Zuwanderung über entsprechende Eingriffe beeinflusst werden.
Die Berechnungen für Gesamtdeutschland fußen auf der VGR angepassten Mikrozensus-Daten, die für den Zeitraum 2005-2011 vorliegen. Des Weiteren wird die Berufsfeldsystematik des BIBB verwendet. Auf der Angebotsseite werden Erwerbspersonen nach Alter, Geschlecht, Qualifikation, dem erlernten Beruf und der maximal gewünschten Jahresarbeitszeit unterschieden. Die historischen Daten werden mit Hilfe der Projektionen der Abgänger aus dem Bildungssystem, aufgrund der nach um neueste Zensus-Ergebnisse und aktuell erhöhte Zuwanderungszahlen korrigierten Bevölkerungsvorausberechnungen sowie Trendschätzungen der Erwerbsquoten fortgeschrieben. Für jedes Projektionsjahr werden die Erwerbspersonen nach dem erlernten Beruf mittels Flexibilitätsmatrizen in Erwerbspersonen nach dem ausgeübten Beruf überführt. Diese werden dann den Erwerbstätigen nach dem ausgeübten Beruf gegenübergestellt, woraus sich Hinweise auf Knappheiten ergeben. Die Erwerbstätigen werden mit dem Modell QINFORGE nach Wirtschaftsbereichen fortgeschrieben, wodurch der Strukturwandel abgebildet wird und anschließend den ausgeübten Berufen und Qualifikationen zugeteilt. Neben empirisch ermittelten Trends werden vor allem Lohnabhängigkeiten erforscht. Die Ergebnisse nach Köpfen werden auch durch Multiplikation mit den Jahresarbeitszeiten in Arbeitsvolumina umgerechnet, um eine zusätzliche Betrachtungsebene zu erschließen. Im Vergleich mit den vergangenen Projektstadien werden gegenwärtig Lohnanpassungen in den Berufsfeldern auf beiden Marktseiten in die Modellierung implementiert, indem das Arbeitskräfteangebot die Lohnbestimmung beeinflusst und vice versa.
Die aktuellen Ergebnisse der Projektionen bis 2030 zeigen eine aufgrund abnehmender Bevölkerung sinkende Zahl der Erwerbspersonen (etwa 2,1 Mio. seit 2012) trotz einer weiteren Bildungsexpansion sowie (z. T. notwendigerweise) steigenden Erwerbsquoten v. a. bei Frauen und Älteren. Die Anzahl der Erwerbspersonen mit abgeschlossener Berufsausbildung nimmt um etwa 3 Mio. ab, während diejenige mit Meister/Techniker-Abschlüssen in etwa gleich bleibt und die mit akademischen Abschlüssen um 1,7 Mio. zunimmt. Auf der Bedarfsseite findet ebenfalls eine Tertiarisierung statt, wobei die Expansion des Dienstleistungssektors nicht gänzlich auf Kosten des Produzierenden Gewerbes geschieht.
Bei einer Bilanzierung beider Marktseiten nach Köpfen wird insbesondere deutlich, dass eine mögliche Knappheit auf dem Arbeitsmarkt im Bereich mittlerer Qualifikationen trotz höherer Nettozuwanderung eintreten kann (ca. 2025), womit die Ergebnisse der vergangenen QuBe-Studien selbst nach Berücksichtigung der Arbeitsmarktflexibilität über Lohnanpassungen bestätigt werden. Die Status-quo-Analyse lässt allerdings Weiterbildungsmaßnahmen sowie betriebsinterne Anpassungen zur Absorption von Personen anderer Qualifikationen für die Facharbeiter erstellen. Nach Berufen betrachtet, wird es Engpässe in den Bereichen (Berufshauptfelder) „Verkehrs, Lager, Transport, Sicherheits und Wachberufe“, „Gastronomie und Reinigungsberufe“, „ Medien, geistes und sozialwissenschaftliche, künstlerische Berufe“ sowie insbesondere „Gesundheits und Sozialberufe, Körperpfleger“ kommen. Stärkeres rechnerisches Überangebot an Erwerbspersonen gibt es relativ gesehen hingegen bei den „Lehrberufen“ sowie „Büro und kaufmännischen Dienstleistungsberufen“.
Die Einbeziehung von Arbeitszeiten führt zu einem entspannteren Bild der künftigen Arbeitsmarktentwicklungen aus Sicht des Fachkräftebedarfs, da die nach Köpfen vorhandenen Engpässe vollständig verschwinden, wenngleich die Situation bei den „Gesundheits und Sozialberufen, Körperpflegern“ angespannt bleibt und auf einer weiter disaggregierten Ebene Engpässe fortbestehen dürften.



Betriebliche Arbeitspolitik als Option

Dr. Martin Kuhlmann (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen):

Auf der Basis qualitativer Fallstudien richtet der Beitrag den Blick zunächst auf demografieorientierte Politikkonzepte von Betrieben des industriellen Sektors und rekonstruiert dabei die Handlungsbedingungen und Orientierungen betrieblicher Akteure. Ein zentraler Befund lautet, dass der demografische Wandel in den nächsten Jahren in den meisten Industriebetrieben zu einer erheblichen Alterung der Belegschaften führen dürfte und zugleich in einigen Bereichen das Thema Fachkräftesicherung eine steigende Aufmerksamkeit erfährt, dass die Betriebe auf diese Situation in der Regel jedoch wenig vorbereitet sind. Vor diesem Hintergrund konstatiert der Beitrag auch für die betrieblichen Arbeitsmärkte zunehmende Spannungen. Als gesellschaftlich besonders problematisch dürfte sich hierbei der Untersuchungsbefund erweisen, dass betriebliche Arbeitspolitik zwar ein wichtiger Ansatzpunkt für demografiesensible Strategien darstellt, die Defizite und Blockierungen gerade in diesem Handlungsfeld jedoch besonders groß sind.
Auf der Basis von Analysen qualitativer Beschäftigteninterviews und vorliegenden Befragungsdaten sowie durch einen knappen Überblick über gegenwärtig zu beobachtende Optionen betrieblicher Arbeitspolitik werden in einem zweiten Schritt die Bedeutung betrieblicher Arbeitspolitik und mögliche Perspektiven herausgearbeitet. Diesen Daten zufolge lassen sich in Industriebetrieben erhebliche Unterschiede in den betrieblichen Strategien sowie in den konkreten Organisations und Arbeitseinsatzkonzepten beobachten. Entscheidend hierbei ist, dass diese Konzepte nicht nur mit deutlichen arbeitssituativen Unterschieden einhergehen, sondern gerade mit Blick auf die Alters und Alternsgerechtheit von Arbeit, aber auch für die Frage der betrieblichen Fachkräftesicherung, mit je spezifischen Wirkungen verbunden sind.
In einem abschließenden Fazit werden ausgehend von den vorgestellten arbeitspolitischen Dynamiken schließlich erste Überlegungen zu Konturen fortbestehender und sich verändernder Ungleichheitsstrukturen zur Diskussion gestellt.



Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung und betriebliche Reaktionen

Hanna Brenzel (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Nürnberg):

Der Beitrag beleuchtet Stellenbesetzungsprozesse am deutschen Arbeitsmarkt, dabei auftretende Schwierigkeiten und den betrieblichen Umgang damit. Datengrundlage für die Analysen stellt die IAB-Stellenerhebung dar. Sie ist eine für Westdeutschland seit 1989 und seit 1992 deutschlandweit laufende repräsentative Querschnittsbefragung von Betrieben und Verwaltungen und enthält Antworten von ca. 15.000 Betrieben jährlich mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Ihre Bedeutung liegt in der Gewinnung von für Deutschland einzigartigen Daten über den Verlauf von Stellenbesetzungsprozessen und über die ungedeckte Arbeitsnachfrage. Die IAB-Stellenerhebung ist die einzige repräsentative Erhebung, auf deren Basis sämtliche offenen Stellen unabhängig von einer Meldung bei den Arbeitsagenturen ermittelt werden. 
Der erste Teil der Präsentation befasst sich mit der aktuellen Entwicklung der Arbeitsnachfrage in Deutschland. Dabei wird das Augenmerk auf die Zahl der offenen Stellen gelegt, da diese eine zentrale Komponente der betrieblichen Arbeitsnachfrage darstellt. Die starke Abhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen spiegelt sich dabei im Zeitverlauf wieder. Nach einem Einbruch der Vakanzen in den Krisenjahren 2008 und 2009 kann am aktuellen Rand wieder eine Erholung beobachtet werden. Seit Ende 2010 hat sich das gesamtwirtschaftliche Stellenangebot auf dem Vorkrisenniveau konsolidiert. Um sich der Frage nach potentiellen Arbeitskräfteengpässen zu nähern, bietet die Gegenüberstellung der Zahl der gemeldeten Arbeitslosen und der offenen Stellen eine Möglichkeit. Dieses Verhältnis lag in den zurückliegenden Jahren deutlich über 1, d.h. die Zahl der Arbeitslosen überstieg die Zahl der offenen Stellen zu jedem Messzeitpunkt. Es ist allerdings ein deutlicher Rückgang der Relation zu beobachten die sich auch im Jahr 2013 fortsetzt und darauf hinweist, dass der Arbeitsmarkt in manchen Bereichen eng bleibt. Aktivitätshemmnisse und deren Gründe bieten einen ersten Hinweis auf die Situation innerhalb der Betriebe. Verstärkt lassen sich die Gründe in den letzten Jahren auf einen Arbeitskräftemangel anstatt auf einen Auftragsmangel zurückführen. An dieser Verschiebung lässt sich die wachsende Bedeutung des „Fachkräfteengpasses“ in der betrieblichen Wahrnehmung erkennen. Auch spricht ein zunehmender Anteil an Stellenbesetzungsschwierigkeiten für einen relativ angespannten Arbeitsmarkt. 
Der zweite Teil des Beitrags  beschäftigt sich mit den Strategien der Personalrekrutierung und möglichen Handlungsfeldern mit denen Betriebe auf die aktuelle Entwicklung des Arbeitsmarktes reagieren können. Dabei stehen die Quellen neuer Beschäftigung im Vordergrund. Noch immer prägen mehrheitlich sogenannte Job-to-Job-Wechsel das Bild. Die Stellen werden weiterhin nur zu einem sehr geringen Anteil mit Langzeitarbeitslosen und Personen aus der Stillen Reserve besetzt. Neben den Quellen neuer Beschäftigung ist es ebenfalls interessant einen Blick auf die Bandbreite der betrieblichen Suchwege und ihre Frequentierung zu werfen. Es zeigt sich, dass Betriebe große Anstrengungen in ihre Personalrekrutierung legen und über eine Vielzahl von unterschiedlichen Wegen nach geeignetem Personal suchen. Im Schnitt beschreitet ein Betrieb ca. 3 Suchwege pro Neueinstellung. Eine weitere Strategie dem angespannten Arbeitsangebot in Deutschland entgegenzuwirken ist die Rekrutierung von Arbeitskräften aus dem Ausland. In den letzten Jahren hat sich die ländergrenzenüberschreitende Suche bereits verdoppelt. 
Neben den Anstrengungen aktiver Suche nach geeigneten Bewerbern, bleibt dem Betrieb aber auch immer noch die Möglichkeit Zugeständnisse an potentielle Kandidaten zu machen um Personal zu gewinnen. Dabei können sowohl Kompromisse im Hinblick auf die geforderte Qualifikation oder Berufserfahrung gemacht werden als auch Zugeständnisse hinsichtlich des zukünftigen Lohns. Insgesamt ist allerdings der Anteil der erfolgreichen Besetzungsprozesse, die letztendlich mit der Einstellung einer Person enden, die die gewünschten Qualifikations oder Erfahrungsanforderungen nicht gänzlich erfüllt, relativ klein. 
Im letzten Teil des Vortrages werden in aller Kürze mögliche Gründe für einen Suchabbruch diskutiert und die Handlungsspielräume der Betriebe aufgezeigt. Eine der häufigsten Reaktionen auf den Abbruch der Personalsuche ist dabei die Umverteilung der Aufgaben, die die neu eingestellte Arbeitskraft hätte übernehmen sollen, auf die vorhandene Belegschaft, sei es innerhalb der normalen Arbeitszeit oder durch den Aufbau von Überstunden. Es scheint demnach, dass Betriebe noch über die entsprechenden Personalressourcen verfügen um die erfolglosen Neueinstellungen zumindest teilweise auszugleichen. 



Matching und mehr – Strategien und Dienstleistungen der Arbeitsvermittlung

Dr. Kai Marquardsen (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen):

Im Zeichen einer deutlichen Erholung am Arbeitsmarkt im Verlauf der letzten Jahre sehen sich die Institutionen der Arbeitsverwaltung inzwischen in einigen Branchen mit einem Bewerber/innenmangel konfrontiert. In Folge dieser Entwicklung stehen die Agenturen für Arbeit und Jobcenter vor dem Problem, für eine gemeldete Stelle keine passgenauen Bewerber/innen vorschlagen zu können. Gegenstand des Beitrags sind die veränderten Strategien und Dienstleistungsangebote, mit denen Agenturen und Jobcenter auf diese Situation reagieren. Grundlage der Betrachtungen ist eine qualitative Studie zum Arbeitgeberservice (AG-S) der Bundesagentur für Arbeit, die das SOFI im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) im Zeitraum zwischen Januar 2013 und März 2014 durchgeführt hat. Hierfür wurden in bundesweit sechs Agenturen für Arbeit und sieben Jobcentern zum einen Interviews mit arbeitgeberorientierten Fachkräften sowie mit Arbeitgebern, aber auch mit bewerberorientierten Vermittler/ innen und anderen relevanten Akteuren innerhalb und außerhalb der Arbeitsverwaltung geführt. Zum anderen haben halbtägige Hospitationen bei Fachkräften im AG-S stattgefunden. Schließlich wurde eine Verlaufsanalyse von Stellenbesetzungen vorgenommen.
Im Rahmen des Beitrags wird zunächst kurz auf die Rolle der öffentlichen Arbeitsvermittlung beim Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage sowie auf den Ansatz der arbeitgeberorientierten Vermittlung durch den AG-S eingegangen. Den Schwerpunkt des Beitrags bilden empirische Befunde zu den Strategien und Dienstleistungen, mit denen Agenturen und Jobcenter auf die veränderte Lage am Arbeitsmarkt reagieren. So wird aufgezeigt, dass das herkömmliche Vorgehen eines technischen Abgleichs zwischen Angebot und Nachfrage im Zeichen eines Bewerber/innenmangels an seine Grenzen stößt. Stattdessen gewinnt zum einen die Zusammenarbeit zwischen den (funktional getrennten) Bereichen der arbeitgeber und arbeitnehmerorientierten Vermittlung an Bedeutung – bis hin zu einer Relativierung dieser Trennung. Zum anderen verändert sich damit auch der Umgang mit den Bewerber/inne/n als Ressource im Vermittlungsprozess: Wird auf Seiten der Unternehmen stärker um Kompromissbereitschaft bei der Besetzung von Stellen geworben, gewinnt im AG-S zugleich eine intensivere Auseinandersetzung mit den Bewerber/inne/n an Bedeutung, die vom persönlichen Kennenlernen der Person bis hin zu einer assistierten Vermittlung gehen kann. Schließlich verändern sich die Dienstleistungsangebote der Bundesagentur für Arbeit gegenüber den Arbeitgebern in Richtung einer Ausweitung von Beratungsdienstleistungen flankiert mit Angeboten der finanziellen Förderung von Bewerber/inne/n.
Der Beitrag geht der Frage nach, welchen Einfluss die Dienstleistungen der arbeitgeberorientierten Vermittlung auf die Selektivität in Prozessen der Stellenbesetzung haben. Hierfür werden empirische Befunde zu verschiedenen Formen der Einschaltung des AG-S in den Stellenbesetzungsprozess und entlang dieser zu verschiedenen Einschaltungsmustern von Arbeitgeberseite präsentiert. Vor diesem Hintergrund wird argumentiert, dass der Übergang zu den oben beschriebenen Formen der Intervention im Sinne eines Nachteilsausgleichs wirken kann.